Eine
Geschichte von Bildung und Tätigkeit. Unterhaltsamerweise ist gerade der erste
Teil über das Theater eine Lehrstunde für jeden der in der Werbung arbeitet.
“aber es
ging mir, wie es den Kindern öfters zu gehen pflegt, sie fassen weiter Plane,
machen große Anstalten, auch wohl einige Versuche, und esbleibt alles zusammen
liegen. Dieses Fehlers muß ich mich auch anklagen. Die größte Freude lag bei
mir in der Erfindung, und in der Beschäftigung der Einbildungskraft.“ (Goethe,
1998, p.118).
„Weil ein
Gedicht entweder vortrefflich sein, oder gar nicht existieren soll.“ (Goethe,
1998, p.168).
„Sieh die
Menschen an, wie sie nach Glück und Vergnügen rennen! Ihre Wünsche, ihre Mühe,
ihr Geld jagen rastlos, und wornach? Nach dem, was der Dichter von Natur
erhalten hat, nach dem Genuß der Welt, nach dem Mitgefühl seiner selbst in
andern, nach einem harmonischem Zusammensein mit vielen oft unvereinbaren
Dingen.“ (Goethe, 1998, p.168).
„Welche köstliche Empfindung müßte es sein,
wenn man gute, edle, der Menschheit würdige Gefühle eben so schnell durch einen
elektrischen Schlage ausbreiten, ein solches Entzücken unter dem Volke erregen
könnte, als diese Leute durch ihr körperliche Geschicklichkeit getan haben;
wenn man der Menge das Mitgefühl alles Menschlichen geben, wenn man sie mit der
Vorstellung des Glücks und Unglücks, der Weisheit und Torheit, ja des Unsinns
und der Albernheit entzünden, erschüttern, und ihr stockendes Innre in freie,
lebhafte und reine Bewegung setzen könnte.“ (Goethe, 1998, p.189).
„Warum ist
der Kapellmeister seines Orchesters gewisser, als der Direktor seines
Schauspiels? Weil dort jeder sich seines Mißgriffs, der das äußere Ohr
beleidigt, schämen muss.; aber wie selten hab’ ich einen Schauspieler
verzeihliche und unverzeihliche Mißgriffe, durch die das innere Ohr so schnöde
beleidigt wird, anerkennen und sich ihrer schämen sehen! Ich wünschte nur, daß
das Theater so schmal wäre, als der Draht eines Seiltänzers, damit sich kein
Ungeschickter hinauf wagte, anstatt daß jetzo ein jeder sich Fähigkeiten fühlt,
darauf zu paradieren.“ (Goethe, 1998, p.284).
„Die
Eigenliebe läßt uns sowohl unsre Tugenden als unsre Fehler viel bedeutender,
als sie sind, erscheinen.“ (Goethe, 1998, p.308).
„Blindlings
überließ er sich einer jeden Neigung, sie mochte über den Gegenstand gebieten
oder sein Sklav sein, wenn sie nur im wilden Genuß ihrer selbst vergessen
konnten.“ (Goethe, 1998, p.317).
„Es waren
verständige, geistreiche, lebhafte Menschen, die wohl einsahen, daß die Summer
unsrer Existenz durch Vernunft dividiert, niemals rein aufgehe, sondern daß immer
ein wunderlicher Bruch übrig bleibe.“ (Goethe, 1998, p.333).
„allein er
hatte Gelegenheit genug gehabt zu bemerken, daß es ihm an Erfahrung fehle, und
er legte daher auf die Erfahrung andrer
und auf die Resultate, die sie daraus mit Überzeugung ableiteten, einen
übermäßigen Wert, und kam dadurch nur immer mehr in die Irre. Was ihm fehlte,
glaubt er am ersten zu erwerben, wenn er alles Denkwürdige, was ihm in Büchern
und im Gespräch vorkommen möchte, zu erhalten und zu sammeln unternähme. Er
schrieb daher fremde und eigene Meinungen und Ideen, ja ganze Gespräche die ihm
interessant waren, auf, und hielt leider auf die Weise das Falsche so gut als
das Wahre fest, blieb viel zu lange an Einer Idee, ja man möchte sagen an einer
Sentenz hängen, und verließ dabei seine natürliche Denk- und Handelsweise,
indem er oft fremden Lichter als Leitstern folgte.“ (Goethe, 1998, p.347).
„Wäre ich
ein Edelmann, so wäre unser Streit bald abgetan; da ich aber nur ein Bürger
bin, so muß ich einen eigenen Weg nehmen, und ich wünsche daß du mich verstehen
mögest. Ich weiß nicht wie es in fremden Ländern ist, aber in Deutschland ist
nur dem Edelmann eine gewisse allgemeinem, wenn ich sagen darf personelle
Ausbildung möglich. Ein Bürger kann sich Verdienst erwerben und zur höchsten Not
seinen Geist ausbilden; seine Persönlichkeit geht aber verloren, er mag sich
stellen wie er will. Indem es dem Edelmann, der mit dem Vornehmsten umgeht, zur
Pflicht wird, sich selbst einen vornehmen Anstand zu geben, indem dieser
Anstand, da ihm weder Tür noch Tor verschlossen ist, zu einem freien Anstand
wird, da er mit seiner Figur, mit seiner Person, es sei bei Hofe oder bei der
Armee, bezahlen muß, so hat er Ursache etwas auf sie zu halten, und zu zeigen,
daß er etwas auf sich hält.“ (Goethe, 1998, p.351).
„Ich hatte
niemals einen Menschen ohne Schwäche gesehen, nur ist sie auffallender bei
vorzüglichen Menschen.“ (Goethe, 1998, p.447).
„unter
denen, die wir gebildete Menschen nennen, ist eigentlich wenig Ernst zu finden,
sie gehen, ich möchte sagen, gegen Arbeiten und Geschäfte, gegen Künste, ja
gegen Vergnügungn nur mit einer Art Selbstverteidigung zu Werke, man lebt wie
man ein Pack Zeitungen liest nur damit man sie los werde.“ (Goethe, 1998,
p.453).
„Uns rührt die Erzählung jeder guten Tat,
uns rührt das Anschauen jedes harmonischen Gegenstandes; wir fühlen uns dabei,
daß wir nicht ganz in der Fremde sind, wir wähnen einer Heimat näher zu sein,
nach der unser Bestes, Innerstes ungeduldig hinstrebt.“ (Goethe, 1998, p.465).
„Alles was
uns begegnet läßt Spuren zurück, alles trägt unmerklich zu unserer Bildung bei;
doch es ist gefährlich, sich davon Rechenschaft geben zu wollen. Wir werden
entweder dabei stolz und lässig, oder niedergeschlagen und kleinmütig, und eins
ist für die Folge so hinderlich als das andere. Das sicherste bleibt immer, nur
das nächste zu tun was vor uns liegt, und das ist jetzt, fuhr er mit einem
Lächeln fort, daß wir eilen ins Quartier zu kommen.“ (Goethe, 1998, p.466).
„Geht es
doch unsern Vorsätzen, wie unsern Wünschen. Sie sehen sich so gar nicht mehr
ähnlich, wenn sie ausgeführt, wenn sie erfüllt sind, und wir glauben nichts
getan, nichts erlangt zu haben.“ (Goethe, 1998, p.525).
„Er wußte
nicht, daß es die Art aller der Menschen sei, denen an ihrer innern Bildung
viel gelegen ist, daß sie die äußern Verhältnisse ganz und gar
vernachlässigen.“ (Goethe, 1998, p.526).
„aber wenn
seine Bildung auf einem gewissen Grade steht, dann ist es vorteilhaft, wenn er
sich in einer größern Masse verlieren lernt, wenn er lernt um andrer willen zu
leben, und seiner selbst in einer pflichtmäßigen Tätigkeit zu vergessen.“
(Goethe, 1998, p.527).
„nicht vor
Irrtum zu bewahren, ist die Pflicht des Menschenerziehers, sondern den Irrenden
leiten, ja ihn seinen Irrtum aus vollen Bechern ausschlurfen zu lassen, ist die
Weisheit der Lehrer.“ (Goethe, 1998, p.528).
„Wehe jeder
Art von Bildung, welche die wirksamsten Mittel wahrer Bildung zerstört, und uns
auf das Ende hinweist, an stattuns auf dem Wege selbst zu beglücken.“ (Goethe,
1998, p.535).