Sunday, 11 August 2013

Eugen Onegin – Alexander Pushkin 1833


„Darf ich einmal genau beschreiben,
wie unser Held allein. Verwöhnt,
für sein gesellschaftlicher Treiben,
der Mode seiner Herrin frönt?“ (Puschkin, 1833, p.22).



„Um jegliche Kritik zu meiden,
und nicht an seiner Welt zu leiden,
war unser Held ein rechter Fant,
in seiner Kleidung ein Pedant.“ (Puschkin, 1833, p.23).

„Nein, früh schon waren die Gefühle
In ihm erstarrt, die Große Welt,
die Damen, ihre Liebesspiele
fand er durch Alltagsbrauch entstellt;
ihn langweilen die kurzen Freuden.“ (Puschkin, 1833, p.29).

„Ein Leiden dessen wahre Gründe
sich noch der Aufklärung entziehn,
das ansteckend als Modesünde
sich überträgt, fast wie ein Spleen
aus England, kurz das Trübsalblasen
verfolgte ihn auf allen Straßen,
so daß er jede Lust verlor
und sich schon fast dem Tod verschwor.“ (Puschkin, 1833, p.30).

„Wer lebt und denken kann, der findet
die Menschen keiner Achtung wert;
er fühlt, wie uns die Zeit entschwindet
und das Erträumte nicht gewährt.“ (Puschkin, 1833, p.32).

„Das Gut, wo mein Onegin weilte,
sich langweilte, war zauberhaft“ (Puschkin, 1833, p.43).

„Ihn lächelte die Morgenröte
im Land von Schiller und von Goethe;
beseelt von ihrer Poesie
war er fast selber ein Genie.“ (Puschkin, 1833, p.47).

„Doch öfter ging es meinen beiden
um das Problem der Leidenschaft.
Gewohnt, sie prinzipiell zu meiden,
gedenkt Onegin ihrer Kraft
mit einem spöttischen Bedauern.
Wohl dem, der sie in Angst und Schauern
Gekostet – und vergessen hat;
Noch wohler dem, der vorher satt,
bereit ist ihr zu widerstehen,
der weder Haß noch Liebe kennt,
den nicht die Eifersucht verbrennt,
dem Weib und Freund zur Seite gehen,
der sein geerbtes Kapital
mehr liebt als eine Lottozahl.“ (Puschkin, 1833, p.51).

„Wieso ist denn Tatjana schuldig,
wenn sie so aufrichtig sich zeigt
(...) ja im Dienste
der Liebessehnsucht einfach liebt
und dem Geliebten weitergibt,
was ihr der Himmel mitgegeben
an Gesiteskraft und Phantasie,
an Sinn für zärtliche Magie,
an Güte und an Lust zum Leben?“ (Puschkin, 1833, p.76).

„Sie sagt sich nicht: ich will ihn prüfen
und meinen Einsatz erst vertiefen,
sobald ich seh, daß es sich lohnt;
bis dahin wird das Herz geschont.“ (Puschkin, 1833, p.77).

„Ich schreib an Sie – was soll ich sagen?
Ist das nicht schon genug gesagt?“ (Puschkin, 1833, p.80).

„In früher Jugend trieb es ihn,
sich schnell und blindlings zu verschenken;
er gab sich seinen Lüsten hin
und ließ vom Leben sich verwöhnen.
So lernte er schon früh zu gähnen:
Ob ihm ein Liebesspiel gelang,
ob nicht, er sorgte sich nicht lang,
ihn lockten neue Abenteuer,
und so vergaß er nach und nach,
was seine Seele zu ihm sprach,
und lachend fühlte er sich freier.“ (Puschkin, 1833, p.92).

„Er konnte sich nicht mehr verlieben,
er suchte nur den leichten Flirt;
ein Korb? – er läßt sich nicht betrüben;
Verrat? – er läßt sich nicht verstört.
Er hält nichts mehr von Liebesschauern
Und spürt im Herzen kein Bedauern,
wenn mal ein Flirt zu Ende ist.
So nimmt am abendlichen Whist
Ein Spieler teil, um ein paar Stunden
des Lebens, das sich dehnt und dehnt
von Tag zu Jahr und zu Jahrzehnt,
am Kartentisch zu überrunden.
Er fragt sich anderntags erneut:
Wo laß ich heute meine Zeit?“ (Puschkin, 1833, p.92).

Onegin zu Tanja:
„Ich liebe Sie – nicht als Ihr Mann,
nein als ihr Bruder. (...)
Sie werden wieder lieben, nur ...
- ich sag das Ihnen nicht als Spötter –
Sie müssen sich in Freud und Leid
Zu fassen lernen – jederzeit.“ (Puschkin, 1833, p.95).

„Doch Onegin war indessen
nur ihr, Tatjana, zugewandt,
nicht jenem Kind das selbstvergessen,
verliebt vor ihm im Garten stand,
o nein: der Fürstin, die, gelassen,
in ihrer Schönheit nicht zu fassen,
ja, göttlich-unzugägnlich war.“ (Puschkin, 1833, p.204).

„Mich in Gesellschaft sehn zu lassen,
vermögend, angesehn zu sein,
 die höchsten Kreise nicht zu scheun,
ja, einem Ehemann zu haben,
den man am Hofe schätzt und ehrt –
das macht mich Ihrer Achtung wert,
nicht wahr?“ (Puschkin, 1833, p.214).

„daß Ihre dreiste Leidenschaft
mich härter als Ihr Vorwurf straft:
(...)
Was liegt mir denn an diesem Leben,
an dieser eitlen Modepracht?
Wie gerne würd ich alles geben,
all die gesellschaftliche Macht
(...)
für ein paar Bücher, einen Strauch
in unserm Garten, für die Stelle
wo ich zum ersten Mal Sie sah.“ (Puschkin, 1833, p.215).

„Das Glück war damals ja so möglich,
so nah! ... Doch ist das Schicksal nun
für mich entschieden.“ (Puschkin, 1833, p.216)

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